Sebber trifft: Theresa, eine Bestatterin

Der Mensch strebt stets danach, sein Leben fröhlich und sinnvoll zu gestalten. Doch was, wenn diese Lebensfreude durch einen Todesfall im Familien- oder Freundeskreis schlagartig unterbrochen wird? Dann kommen Menschen wie Theresa (21) ins Spiel. Sie ist seit 2019 ausgelernte Bestattungsfachkraft und damit ein echtes Allround-Talent, was Sozialkompetenz und Organisationsgeschick angeht. In einem Berufsfeld, das ihr durch eine enorme Vielfältigkeit körperlich wie psychisch einiges abverlangen kann, hat sie ihre Lebensaufgabe gefunden. Für diese Reportage treffe ich sie in ihrem Betrieb in Prölsdorf.

Der Tod als Lebensaufgabe

In Deutschland sterben jedes Jahr etwa eine Million Menschen. Hinter jedem einzelnen Todesfall stecken eine individuelle Lebensgeschichte, ein ganz eigener Humor und jede Menge erfüllte wie unerfüllte Träume. All dies in Würde zu halten ist die Aufgabe von zahlreichen Bestatterinnen und Bestattern in bundesweit etwa 5.500 Bestattungsunternehmen. Und diese Aufgabe hat es in sich! Denn es gehört viel mehr dazu, als die verstorbene Person nur in den Sarg zu legen und unter die Erde zu bringen.

Drei Jahre lang dauert sie, die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft, für die man mindestens den qualifizierten Hauptschulabschluss nachweisen muss. Theresa (21), die ich für diese Reportage treffe, entschloss sich 2016 für diese Lehre, nachdem sie zuvor ein Schülerpraktikum bei der Firma Schunder in Prölsdorf absolviert und ihre mittlere Reife bestanden hatte. Glück hatte sie hierbei von Beginn an mit der örtlichen Lage ihrer Berufsschule, in der sie den theoretischen Teil ihrer Ausbildung wahrgenommen hatte. Insgesamt gibt es deutschlandweit nur drei an der Zahl – zwei davon liegen in Norddeutschland. Theresa konnte hingegen die Dritte im Bunde in Bad Kissingen wählen. Nur eine Autostunde war es bis dorthin gewesen. Und auch zum praktischen Teil der Ausbildung hatte sie es nicht weit, denn hierfür ist überwiegend das Bundesausbildungszentrum der Bestatter in Münnerstadt zuständig – unweit von Bad Kissingen entfernt.

Sie erzählt mir, dass heutzutage nur in den wenigsten Bestattungsunternehmen überhaupt Auszubildende eingestellt werden, was mich zunächst verwundert. Denn die Branche wächst in den letzten Jahren rasant an. Dem entsprechend begehrt sind die wenigen Plätze, die den Interessierten dieses Berufsfeldes zur Verfügung stehen. Viele, die sich für eine Lehre zur Bestattungsfachkraft entscheiden, sind bereits volljährig. Das liegt vor allem daran, dass es viele Quereinsteiger gibt. Theresa wusste hingegen schon mit 13 Jahren, dass ihr dieser Beruf später einmal gefallen könnte. Schon damals beobachtete sie mit einer gewissen Faszination die vorbeifahrenden Leichenwägen, die zum Ortsbild von Prölsdorf nun mal dazu gehören.

Der „Kofferraum“ eines Leichenwagens. Mit Hilfe einer Vorrichtung können Särge ganz einfach dort hinein- und auch wieder herausgeschoben werden.

Theresas Arbeitgeber hat Tradition

Das Bestattungsunternehmen Schunder, in dem Theresa arbeitet, blickt auf eine lange Tradition zurück. Bereits vor 100 Jahren fertigte der familiengeführte Betrieb als Schreinerei Särge und weiteren Bestattungsbedarf für die Prölsdorfer Bürger an. In den Fünfzigern steigerte das Unternehmen dann seine Bekanntheit zunehmend und weitete seine Arbeiten auf die umliegenden Ortschaften aus. Tatsächlich erst 1988 folgte die Gewerbeanmeldung als Bestattungsunterhemen. Über die Jahre hinweg expandierte der Betrieb jetzt immer weiter, sodass bald auch schon erste Außenstellen in Burgebrach und Stegaurach geschaffen wurden.

2018 wurde letztlich ein nagelneues Trauerzentrum am Unternehmenssitz in Prölsdorf fertiggestellt. Dieses verfügt neben mehreren Büroräumen auch über einen modern eingerichteten Aussegnungsraum, in dessen Wand ein Fernseher eingebaut ist. So können im Rahmen von Trauerfeiern jederzeit Fotos oder Videos der Verstorbenen abgespielt werden. Schräg gegenüber befindet sich außerdem ein sogenannter Abschiedsraum, in dem die offenen Särge aufgebahrt werden können, sowie ein kleines Beratungszimmer für Formalitäten. In einer eigenen Ausstellung können Angehörige zudem verschiedene Sarg- und Urnenmodelle betrachten und auswählen. Und egal durch welchen dieser Räume man als Besucher geht – überall kommt es einem sehr pietätvoll und diskret vor, die Stimmung wirkt andächtig.

„Da die Firma Schunder in Prölsdorf angesiedelt ist, war ich Leichenwägen von klein auf sowieso gewohnt.“

– Theresa (21), Bestatterin

Der Alltag als Bestattungsfachkraft

Wenn Theresa morgens auf die Arbeit geht, kann sie nur bedingt abschätzen, was der Tag für sie bereithält. Es sei manchmal gar nicht so leicht, wenn man in Ruhe seiner Arbeit nachgehen möchte, meint sie. Und ich glaub ihr das sofort, denn mit ihrer breit gefächerten Ausbildung und ihren mehreren Jahren Berufserfahrung ist sie für praktisch alle Arbeitsschritte gerüstet, die so ein Todesfall so mit sich bringt. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass ihre eigentlich festen Arbeitszeiten von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr häufig eher zur Empfehlung werden – unter der Woche wie auch am Wochenende.

Doch sind Bestatter jetzt Dienstleister? Oder Handwerker? Sogar Seelsorger? Im Endeffekt alles ein bisschen. Theresa würde von sich aus sagen, dass die Dienstleistung überwiegend im Vordergrund steht. Doch natürlich gehören zu ihrem Alltag auch handwerkliches Geschick, beispielsweise beim Beladen von Särgen in den Leichenwagen, und eine Menge Feingefühl, vor allem im Umgang mit Angehörigen. Es tue aber auch wirklich gut, trauernden Menschen in solch einer schwierigen Situation helfen zu können, sagt sie.

In diesem Regal im Trauerzentrum der Firma Schunder in Prölsdorf stehen mehrere verschiedene Urnenmodelle zur Besichtigung.

Die Vorbereitung eines Leichnams

Für etwa 750 Sterbefälle ist das Bestattungsunternehmen Schunder mit seinen 13 Mitarbeitern jedes Jahr in den Landkreisen Bamberg und Haßberge zuständig. Mehrere Fälle pro Tag sind daher eher die Regel als die Ausnahme. Die Tendenz bei der Art und Weise der Bestattung geht hierbei übrigens sehr zur Urnenbeisetzung. Deutschlandweit kommen auf eine klassische Sargbestattung mittlerweile etwa drei Verbrennungen. Doch welche Schritte müssen eigentlich durchlaufen werden, ehe es zu einer Beisetzung kommt? Theresa erklärt es mir.

Bevor ein Bestattungsunternehmen überhaupt tätig werden darf, muss ein fachkundiger Arzt erstmal den Tod einer Person feststellen. Ist dies geschehen, melden sich zumeist die Angehörigen per Telefon beim Institut. Erste Daten werden dann bereits aufgenommen – wie zum Beispiel der Name und das Geburtsdatum des Verstorbenen. Zeitnahe findet anschließend die Überführung, also der Transport der Leiche, mit dem Leichenwagen statt. Theresa erzählt mir, dass die Wege, die sie auf den Straßen zurücklegt, nicht selten eine Menge Zeit in Anspruch nehmen. Oft muss sie viele Kilometer abspulen. Einmal beim Bestattungsinstitut angekommen, steht in einem sogenannten Hygieneraum daraufhin zunächst eine umfassende hygienische Versorgung des toten Körpers an.

Diesen Hygieneraum will mir Theresa zeigen. Als wir ihn gemeinsam betreten, riecht es vor allem nach Desinfektionsmittel. Der Raum wirkt kahl, das Licht eher kalt – und auch die Temperatur ist niedrig gehalten. In der Mitte steht eine große silberne Pritsche mit einer mobilen Kopfstütze und verstellbaren Untersätzen, auf die die Verstorbenen gelegt werden. Am Fußende befindet sich eine Art Waschbecken mit einer Brause, vergleichbar mit einem Duschkopf. Alles erinnert hier ein wenig an ein Obduktionslabor aus einem Kriminalfilm. Die Regale und Schubladen nebenan sind voll mit Werkzeugen, die für die hygienische Versorgung gebraucht werden. Einweghandschuhe, Tücher, Scheren, Nadel und Faden, ein wenig Schminke, ja sogar Verbände und Pflaster. Denn bei diesem Procedere geht es vor allem darum, den Verstorbenen vor dem Einbetten würdevoll aussehen zu lassen. Das Desinfizieren, Waschen und Rasieren gehört hierbei genauso mit dazu wie auch das Ankleiden und in manchen Fällen eben auch das Schminken. Berührungsängste darf Theresa deshalb nicht haben. Etwa eine Stunde brauchen sie und ihre Kollegen in der Regel für den Vorgang der hygienischen Versorgung – sofern sie ihn selbst abarbeiten. Denn was ich irgendwie außergewöhnlich finde: Manchmal legen sogar nahestehende Verwandte und Freunde des Verstorbenen selbst mit Hand an. Sobald die hygienische Versorgung abgeschlossen ist, wird die Leiche in den hauseigenen Kühlraum gebracht, ehe sie ins Abschiedszimmer und danach – je nach Wunsch der Angehörigen – in ein Krematorium oder zum Beisetzungsort transportiert wird.

„Jeder von den Angehörigen hat so seine Wünsche und wir versuchen, so ziemlich alles umzusetzen.“

– Theresa (21), Bestatterin
In diesem Raum findet die hygienische Versorgung der Verstorbenen statt. Links auf der Liege zu erkennen ist die Kopfstütze, mittig befinden sich weitere verstellbare Untersätze, rechts eine Art Waschbecken.

Jeder Fall ist individuell

Gleichzeitig zur Arbeit am Leichnam selbst stehen für Theresa auch eine Menge Verwaltungsaufgaben an. An ihrem Schreibtisch kümmert sie sich unter anderem um die Kommunikation mit den Standes- und Friedhofsämtern einzelner Gemeinden, um das Veranlassen einer Sterbeanzeige für die Tageszeitung oder auch um die Beschriftung von Blumenkränzen und Stauden. Hierbei helfen ihr im Zuge eines Beratungstermins größten Teils die Angehörigen selbst. In der Regel haben die nämlich genaue Vorstellungen davon, wie die bevorstehende Beisetzung aussehen soll. Welche Art der Bestattung wird bevorzugt? Welche Lieder sollen auf der Beerdigung gespielt werden? Welche Wünsche des Verstorbenen gilt es zu berücksichtigen? Dies sind nur wenige der Fragen, mit denen sich Theresa im Beratungsgespräch mit den Angehörigen unterhält. So ist am Ende jede Beerdigung individuell geplant und perfekt auf den Einzelfall abgestimmt. Und genau das ist wichtig, denn der letzte Weg eines Verstorbenen ist nun mal auch ein besonderer, der den Hinterbliebenen oft für den Rest ihres Lebens im Gedächtnis bleibt.

Gemäß des deutschen Bestattungsgesetzes müssen zwischen einem Todesfall und der Beerdigung im Übrigen mindestens 48 Stunden liegen. Meistens jedoch dauert es in der Praxis sowieso zwischen einer und zwei Wochen, bis alle Formalitäten geklärt sind und die Beisetzung wirklich stattfinden kann. Ist es dann so weit, ist Theresa mit ihrem Team natürlich mit vor Ort. Das würdevolle Dekorieren und Vorbereiten des Aussegnungsraumes sowie der reibungslose Ablauf der Zeremonie sind hierbei die Hauptaufgaben für die Bestattungsfachkräfte. Und sobald die Beerdigung vollzogen wurde, geht es auch schon wieder zurück an den Schreibtisch. Häufig wollen die Angehörigen noch eine Danksagung oder einen Nachruf in der Zeitung abdrucken. Auch in diesem Fall vermittelt das Bestattungsinstitut. Etwa zwei bis vier Wochen später ist das Schreiben einer Rechnung dann die letzte der vielen Aufgaben, die es aus Sicht des Unternehmens noch zu erledigen gilt. Die Preisspanne für eine Beerdigung beginnt dabei übrigens bei rund 1.500 Euro, verrät mir Theresa. Doch auch hier ist wieder der Einzelfall anzusehen, weshalb es nach oben schwer wird, eine Grenze zu ziehen.

„Man denkt schon ab und zu über den Tod nach, weil man ja jeden Tag mitbekommt, wie schnell man aus dem Leben gerissen werden kann.“

– Theresa (21), Bestatterin
Modern und ehrwürdig ist der Aussegnungsraum in Prölsdorf eingerichtet, in dem auch Trauerfeiern stattfinden.

Der Tod macht keinen Feierabend

Wer tagtäglich mit dem Thema Sterben konfrontiert wird, benötigt eine gewisse mentale Stärke, um nicht zu sehr ins Grübeln zu kommen. Es bedarf eben dem Aufbau der klassischen Gefühlsbarriere, die letztlich verhindert, dass man die vielen vergossenen Tränen und das große Leid der Angehörigen nicht all zu sehr an sich ranlässt. In den allermeisten Fällen gelingt das, verrät mir Theresa. Doch es gibt dann eben auch die Schicksale, die einen doch noch eine Weile lang beschäftigen. Vor allem bei jungen Menschen, die auf tragische Art und Weise versterben, sei es nicht immer einfach, diese Gefühlsbarriere dauerhaft aufrecht zu erhalten. Über das zu reden, was einen hierbei bewegt, sich mit den Kollegen auszutauschen und sich auch mal einen Moment der Ruhe für sich zu nehmen, kann dabei wahre Wunder bewirken. Das Wichtigste sei es eben, dass man nichts mit nach Hause nimmt.

Natürlich schadet auch eine gehörige Portion Ablenkung nichts, wenn es um das Verarbeiten schwieriger Fälle geht. Für Theresa spielt herbei vor allem die Musik eine große Rolle in ihrem Alltag fernab der Arbeit. Sie spielt leidenschaftlich gerne Posaune und Querflöte, ist als lebensfroher Mensch außerdem regelmäßig mit ihren Freunden unterwegs. Und natürlich lernt sie auch hin und wieder mal jemand Neues kennen. Doch spätestens bei der Frage, was sie beruflich macht, entwickeln sich die Gespräche dann oft schon wieder in eine Art Interview. Das Berufsfeld ist einfach zu interessant, als dass es im privaten Umfeld vollständig außenvor bleiben könnte. Häufig werden ihr dann dieselben Fragen gestellt, häufig hören ihr direkt gleich mehrere Ohren aufmerksam zu. Sie ist sich sicher: Man könne mit diesem Frage-Antwort-Spiel wohl schnell eine ganze Party lahmlegen, da so viele Menschen wissen wollen, welchen Herausforderungen Theresa Tag für Tag gegenübersteht. Glücklicherweise fühlt sie sich davon aber nicht bedrängt – im Gegenteil. Bleibt alles im angemessenen Rahmen, teilt sie ihre Erfahrungen gerne mit Jung und Alt.

Ich persönlich finde Theresas Professionalität äußerst bewundernswert. Bereits auf der Heimfahrt unseres Treffens denke ich über Vieles nach, was sie mir erzählt hat. Viele neue Eindrücke konnte ich gewinnen, viele nie gesehene Einblicke erhaschen. Und mir wird dabei vor allem klar: Theresa steht voll hinter dem, was sie tut. In einem Beruf, der sicherlich nicht für jedermann geeignet ist, steht sie ihre Frau und fühlt sich sichtlich wohl dabei. Sie hat bereits im jungen Alter in der aktiven Trauerbegleitung ihre Lebensaufgabe gefunden – und das verdient höchste Anerkennung!


Bilder-Galerie

Klickt euch durch Theresas Alltag.


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Und jetzt seid ihr an der Reihe!

Mich interessiert: War euch bewusst, wie facettenreich der Beruf einer Bestattungsfachkraft überhaupt ist? Was beeindruckt euch am meisten an diesem Beruf? Und wie würde es euch ergehen, wenn ihr tagtäglich mit dem Thema Tod und Sterben konfrontiert werden würdet? Ich freue mich, wenn ihr einen Kommentar hinterlasst.


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